Ausführungsbestimmungen zur Reform-AHV 21

Der Bundesrat hat am 30.08.2023 die lang erwarteten Verordnungsänderungen zur Reform-AHV 21, welche definitiv ab dem 1.1.2024 in Kraft tritt, publiziert. Im neusten Blog thematisiere ich kurz die zukünftigen Änderungen innerhalb der ersten und zweiten Säule. Denn mit Inkrafttreten der AHV-Reform entstehen auch Einschränkungen bei den Freizügigkeitsgeldern.

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Änderungen innerhalb der ersten Säule

Die Änderungen innerhalb der ersten Säule sind bekannt. Ab dem 1.1.2024 wird das ordentliche Pensionierungsalter der Frauen schrittweise, um drei Monate pro Jahr, von 64 auf 65 Jahre erhöht. Frauen mit den Jahrgängen zwischen 1961 bis 1969 gehören zu der Übergangsgeneration und erhalten je nach Einkommen lebenslängliche Rentenzuschläge. Zudem kann der frühzeitige Rentenbezug flexibler erfolgen. Auch können Beitragslücken innerhalb der AHV durch eine Arbeitstätigkeit über das ordentliche Pensionsalter hinaus ganz oder teilweise geschlossen werden. Dies ist ein Anreiz für eine längere Erwerbstätigkeit. Der Normalsatz der Mehrwertsteuer wird ebenfalls um 0.4% auf 8.1% erhöht. Mit diesen Änderungen soll das Niveau der AHV-Rente zukünftig gehalten und das finanzielle Gleichgewicht der AHV bis zum Jahr 2030 gesichert werden.

Ein Streitpunkt war, ob der Rentenzuschlag für die Frauen der Übergangsgeneration als fester Fixbetrag oder unter Berücksichtigung der Inflation ausbezahlt werden sollte. Zukünftig wird ein lebenslanger Fixbetrag, unabhängig von zukünftigen Inflationsschwankungen, ausbezahlt. Die Kaufkraft bei gleichbleibenden Rentenzuschlägen wird sich bei künftiger Inflation also reduzieren.

Auswirkungen auf die zweite Säule

Wie oben erwähnt, hat die AHV-Reform auch Auswirkungen auf die zweite Säule. Das neue Referenzalter von Mann und Frau findet auch innerhalb der beruflichen Vorsorge Anwendung. Ausserdem muss neu jede Pensionskasse die Möglichkeit zur Teilpensionierung in ihrem Vorsorgereglement vorsehen. Im BVG ist neu geregelt, dass die Auszahlung der Altersleistungen in Kapitalform durch eine schrittweise Teilpensionierung in maximal drei Schritten zulässig ist. Eine Steueroptimierung durch eine schrittweise Teilpensionierung und deren Bedingungen wurden im Blog vom 21.6.2022 behandelt.

Bei den Freizügigkeitsgeldern gibt es ab dem 1.1.2024 Einschränkungen. Stand heute ist es so, dass man den Bezug der Freizügigkeitsguthaben bis zum 70. Altersjahr aufschieben kann. Die Vermögen aus der beruflichen Vorsorge müssen während der Zeit, in der über die angehäuften Beiträge nicht verfügt werden kann, nicht versteuert werden. Es fällt weder eine Vermögenssteuer an, noch müssen die Erträge als Vermögensertrag versteuert werden. Mit dem Inkrafttreten der AHV-Reform wird sich dies nun ändern. Der Art. 16 Abs. 1 in der Freizügigkeitsverordnung wird angepasst. Zukünftig wird es nur noch erlaubt sein, Freizügigkeitsguthaben nach Erreichen des Referenzalters bis zum 70. Altersjahr zu halten, wenn eine Erwerbstätigkeit ausgeführt wird. Es gelten dieselben Regeln wie bei den 3a-Guthaben. Personen, welche das Referenzalter in den Jahren 2024 bis 2029 erreichen oder bereits überschritten haben und dazu nicht mehr erwerbstätig sind, können die Auszahlungen dieser Leistungen bis zum 31.12.2029, höchstens aber bis zum 70. Altersjahr aufschieben. Ein steueroptimierter gestaffelter Kapitalbezug zweier Freizügigkeitskonten ist bis zum Ablauf der Übergangsfrist möglich. Dies verschafft denjenigen, die bereits das Referenzalter erreicht haben oder kurz davor stehen, etwas Zeit um ihre Finanzplanung umzusetzen oder gegebenenfalls anzupassen.

Wie hoch sollte das zukünftige Erwerbseinkommen sein?

In der Verordnung unter Art. 3 BVV3 steht folgendes: «Weist der Vorsorgenehmer nach, dass er weiterhin erwerbstätig ist, kann der Bezug bis höchstens fünf Jahre nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters der AHV aufgeschoben werden.» Es wird also kein Mindesteinkommen vorausgesetzt. Diverse Steuerverwaltungen gehen vom Standpunkt aus, dass der Aufschub nur zugelassen wird, wenn keine offensichtliche Steuerumgehung vorliegt. Eine offensichtliche Steuerumgehung liegt dann vor, wenn das Bruttoeinkommen vernachlässigbar und zu gering ausfällt und es an einer gewissen Regelmässigkeit mangelt. Man kann also gespannt sein, wie dies zukünftig gehandhabt wird.

Gerne stehen wir Ihnen bei Fragen rund um dieses Thema zur Verfügung.

01.09.2023
Philippe Messerli
Steuer- und Vorsorgespezialist



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