Vorsicht beim aktiven Market Timing
Wann ist es Zeit Kursgewinne zu realisieren? Diese Frage stellt sich der Investor immer wieder. Denn allzu sehr liegt der letzte Crash den meisten noch in den Knochen. Wann ist nun aber der richtige Zeitpunkt, um aufgelaufene Kursgewinne zu realisieren? Wenn ich den Zeitpunkt treffe, ab wann gilt es wieder in den Markt einzusteigen?
Geldflüsse in Aktienfonds
Es ist offensichtlich, dass nur wenige gut darin sind Marktentwicklungen richtig zu antizipieren und sich entsprechend danach auszurichten. Eine Vielzahl an verschiedenen Daten über das Anlegerverhalten zeigt, dass unser Streben nach „Buy low, Sell high“ eher reinem Wunschdenken als effektivem Handeln entspricht (Beispiel). So zeigen die Zu- sowie Abflüsse von Geldern in Aktienfonds in der Regel ein sehr prozyklisches Bild, was dem oben genannten Ziel nach antizyklischem Verhalten in krasser Weise widerspricht.
Auch professionelle Anleger haben Mühe mit Market Timing
Das mässige Abschneiden von professionellen Anlegern wie Hedge Funds ist ein anderes Beispiel dafür, dass Market Timing schwierig ist. Würden diese über die Fähigkeit verfügen, die Märkte stets oder zumindest mehrheitlich richtig zu antizipieren, müssten Fonds mit einer Aktienstrategie (40 – 100 % Aktien) eine deutliche Überrendite zum Markt erzielen. Dasselbe würde für Hedge Funds gelten, welche einen maximalen Freiheitsgrad in der Ausgestaltungen der Aktien-Strategie haben und damit verbunden auch Short gehen können (Equity long/short). Die Resultate sprechen hier jedoch mehrheitlich eine andere Sprache. Dies zeigt der nachfolgende Vergleich zwischen dem HFRI Equity Hedge Index mit dem S&P500 über die letzten zehn Jahre deutliche auf.
Negative Beispiele von Market Timing
Um anhand einiger weiterer Beispiele aufzuzeigen wie schwierig und gleichzeitig kostspielig Market Timing sein kann, habe ich in der nachfolgenden Tabelle die Daten von drei Performance-Indizes über die vergangenen zehn Jahre analysiert. Was wäre wenn der Anleger die zehn besten Tage respektive die zehn besten Monate nicht investiert gewesen wäre?
SPI | DAX | S&P 500 TR | ||||
Buy and Hold | 43,8% | 65,0% | 106,4% | |||
Exkl. zehn beste Tage | -17,5% | -19,2% | 4,2% | |||
Exkl. zehn beste Monate | -24,6% | -37,2% | -4,9% |
In einem weiteren Beispiel schauen wir uns den Fall eines Anlegers an, der seit Anfang 1988 und somit rund 30 Jahren im SPI investiert war. Dabei ist der Anleger stets sechs Monate vor einem hoch am Markt ausgestiegen und dann sechs Monate nach erreichtem Tief wieder am Markt eingestiegen – was als ziemlich gut bezeichnet werden darf. Ein solcher Anleger hätte über einen doch recht langen Anlagehorizont zweifellos ein beeindruckendes Marktgespür an den Tag gelegt. Denn er hat Korrekturen sowie Erholungen an den Märkten recht gut antizipiert. Doch auch in einem solchen Fall wäre er einem Anleger, welcher an seiner Strategie festhielt, deutlich unterlegen. Trotz dieses scheinbar guten Sensoriums für zukünftige Marktentwicklungen wäre die Gesamt-Performance seit 1988 mit 432 Prozent im Vergleich zu 1289 Prozent deutlich tiefer ausgefallen. Der aktive Anleger hätte also rund zwei Drittel der möglichen Performance verpasst.
Seiner Strategie treu bleiben
Nun, diese Erkenntnis soll keineswegs dazu verleiten die Anlageentscheide zukünftig auf die leichte Schulter zu nehmen. Sie zeigt jedoch auf eindrückliche Art und Weise auf, wie schwierig und unter Umständen auch performanceschädigend es sein kann, wenn man sich dazu verleiten lässt, sehr aktives Markt Timing zu betreiben. Für Investoren bedeutet das einmal mehr den Fokus auf die Festlegung der richtigen Strategie zu legen und diese auch möglichst langfristig durchzuziehen. Wer hingegen seine Aktienquote nur bei gutem Börsenwetter durchhalten kann, ist wohl auf bestem Wege seine Performance langfristig substantiell zu schmälern.
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